23 Jahre wXw: Der Wind der Veränderung weht durch Europa's größte Wrestling-Liga

 

Westside X-Treme Wrestling ist die größte Wrestling-Liga in Europa.

Mit 23 Jahren Erfahrung, unzähligen großen Shows im Kalender und zwei prall gefüllten Wrestling Festivals im Jahr ist dieser Fakt unbestreitbar. Über die Jahre produzierte und ebnete sie den Weg für Wrestling Superstars wie Malakai Black, Ludwig Kaiser, Gunther, Killer Kelly oder Ilja Dragunov. 

Doch wie es in dem bekannten Song der deutschen Pop-Band "Frida Gold" heißt, "die Dinge haben sich verändert".

In einer Jahreszeit, in der wir alle zurück und nach vorne blicken, steht die wXw vor der größten Veränderung ihrer Geschichte. Doch dazu gleich mehr.

Wrestling heißt Veränderung.

Als ich 2015 mein erstes wXw Event in Borken besuchte, konnte ich nicht ahnen, dass dies der Beginn einer unfassbaren Reise wird, mit vielen Eindrücken und Begegnungen, die für ein Leben bleiben werden.

Ab dem World Tag Team Festival 2018 beschloss ich nicht mehr fernzubleiben. Es folgten unzählige Marquee Events, Live Events und alles drumherum. Von Oberhausen, über Hamburg, Dresden, Essen, Gelsenkirchen und Borken konnte ich wXw überall sehen.

War das Ticket zu wXw Show in Borken noch ein Geschenk, war ich schon vorher ein interessierter Verfolger von Karsten Beck, meinem Hometown Hero, und Christian Michael Jakobi. Später folgte der Run von Jurn Simmons, dem Alpha Kevin und Marius von Beethoven. Bobby Gunns trat in mein Blickfeld und ein gewisser Absolute Andy spielte auch ganz vorne mit. Was für eine Zeit!

Mit jeder Show gab es mehr zusehen. Es wurde immer aufregender. Live Wrestling in Deutschland hatte mich in seinem Bann. Und nicht nur mich, hunderte - tausende Menschen wollten wXw sehen.

Mein erstes wXw 16 Carat war ein Game-Changer. Von dort an musste ich jedem, der es hören wollte, erzählen, dass wXw der "Real Deal" ist.

Mit der Zeit festigten sich die Dinge. Es gab immer herausragende Matches, tolle Stories und ein unfassbar freundliches, liebevolles Team.

Doch dann kamen die Veränderungen. Der Erfolg wurde so gigantisch, dass der Marktführer, WWE, immer mehr aufmerksam wurde. Walter (Gunther), Axel Dieter Jr. (Ludwig Kaiser) und weitere folgten Alexander Wolfe (Axel Tischer), der vorher schon bei WWE landete.

Die Shows waren mit so vielen Fans besucht, für manche wurde es zu viel. Christian Michael Jakobi musste als Geschäftsführer der wXw seinen Hut nehmen.
Wenig später mussten wir erfahren, dass Karsten Beck krank ist. Die Krankheit sollte er leider letztendlich nicht besiegen können.

Und dann passierte natürlich noch Corona. Eine Zerreißprobe, nicht nur für die wXw, sondern für uns alle.

Doch wXw hatte unglaubliches Glück im Unglück. Mit einem "Perfect Storm" an Talenten wie Levaniel, Michael Knight, Bobby Gunns, Jurn Simmons, Peter Tihanyi, Tristan Archer, Senza Volto, Aigle Blanc, Maggot, Ahura, Baby Allison, Hektor, Dennis Dullnig, Anil Marik, sowie viele weitere Talente u.a. aus Ungarn, und natürlich der kurz nach der Lockdown Zeit aus den Geschichten geborenen Gruppierung "Amboss" (Robert Dreissker, Laurance Roman und die Arrows of Hungary) konnte man die herausfordernde Zeit gut überbrücken. Noch dazu gab und gibt es ja auch noch die Academy, die von Essen nach Gelsenkirchen umzog und u.a. mit Robert Dreissker und The Rotation einen extrem professionellen und sehr guten Trainerstab bietet.

Jedoch, der Markt und die Zeit hatte sich verändert. Viele neue Gesichter waren das Ergebnis einer notwendigen neuen finanziellen und strukturellen Ausrichtung, die dieser Markt hergab. Das Stehen direkt um den Ring wurde für die meisten Hallen auch ein "Ding der Vergangenheit".

In diesem Jahr gab es weitere personelle Veränderung. Mit Dennis Birkendahl ging ein Cornerstone der wXw Produktion vom Schiff. Neue hungrige und talentierte Menschen füllten diese Plätze auf, die sich im Hintergrund der wXw um eine atemberaubende Produktion kümmern.

Und nun der nächste Hammer. Der wXw Women's Titel ist Geschichte. Robert Dreissker nahm ihn Masha Slamovich bei wXw's 23. Geburtstag ab und vereinigte ihn mit dem wXw Unified World Wrestling Championship Gürtel. Von jetzt an ist wXw eine Intergender Promotion. Frauen können jetzt um alle Titel antreten. wXw setzt auf maximale Inklusion anstatt auf Repräsentation.

Wrestling heißt Veränderung.

Der Wrestlingmarkt ist unbeständig. Umstände, privat und beruflich, ändern sich. Ligen kommen und gehen, genauso wie Fans.
Es wäre schockierend, wenn eine Liga so erfolgreich für 23 Jahre existieren könnte, ohne sich zu verändern. Manchmal auch radikal.

Jedoch ist die letzte Verkettung der Veränderungen anders als andere. Es findet spürbar ein Generationswechsel statt. Viele alte bekannte Gesichter, auch und vielleicht sogar vor allem von den Fans, kommen nicht mehr. Doch sorgen - so ist meine Beobachtung - vor allem großartige Wrestler wie Axel Tischer und Sebastian Hackl für einen Strom an Fans, die vorrangig mit dem Produkt des Marktführers WWE vertraut sind.

Wer sich im Wrestling nicht ganz so auskennt: Fans vom Independent Wrestling und Casual Fans der großen amerikanischen Ligen sind nicht unbedingt immer kompatibel, dennoch muss man als Wrestling Liga natürlich für jeden etwas bieten. Ich persönlich mag beides, aber das gilt sicher nicht für alle.

Wenn wir einmal kurz die "Business Brille" enger aufsetzen, dann könnten Fans, denen das nicht passt, natürlich auch zu einer anderen dieser "Independent Ligen" rüberwechseln. Doch der Markt ist hart umkämpft. Im Haupt-Territorium (NRW) der wXw agieren vor allem Ligen wie WrestlingKult, Euphoria und Dockers Wrestling und diese haben es schwer, ein Performance Level vergleichbar der wXw zu halten und sind auf eine ganz andere Weise spektakulär und eine Reise wert.

Mit AAA (Access All Artists, mit u.a. Dennis Birkendahl) kam kurzzeitig die Möglichkeit einer Alternative. Konkurrenz, die das Geschäft wirklich beleben könnte und sowohl Wrestlern als auch Fans eine weitere Heimat bieten könnte. Shows in NRW schienen möglich. Ein Kader auf einem ähnlichen Level ebenfalls. Die Zugkraft für den Ticketverkauf und das allgemeine Interesse schien möglich.

Leider (und sehr ärgerlicherweise) hat AAA jedoch die erste geplante Show absagen müssen. Beinah zeitgleich konnten Fans Wrestler wie z.B. Michael Knight nicht mehr bei wXw sehen. Das beliebte Team "Onlyfriends" mit Bobby Gunns zerbrach und mit dem Team wackelte ein weiter Pfeiler der wXw: Die Tag Team Division.

wXw bleibt ein Ort für spektakuläres Wrestling, mit wunderbaren Talenten, auch zukünftigen großen Hoffnungen aus der Academy und vor allem einem wirklich wirklich fantastischen Team.

Doch irgendwas ist anders und es fühlt sich nicht richtig und nicht gut an. Eine Reise ins Ungewisse steht bevor. Ohne einige bekannte Namen bei Fans, im Team und im Kader und ohne eine Women's Championship und vielleicht auch mit ernster großer Konkurrenz am Horizont. Irgendwo. Was wohl geschehen mag? 

Es bleibt spannend in Europa und Deutschland und ich hoffe, dass viele aufmerksam zuschauen, auch wenn sie sich gerade kein Ticket kaufen.